Stand der Dinge im April 2022

Aktuelles aus Deutschland und der Welt

#Gewaltschutz

Diesen Monat müsste diese Kategorie eigentlich „Aktuelles aus Bayern“ heißen. Und streng genommen war das Ereignis, von dem wir euch erzählen wollen, auch gar nicht im April, sondern am 31. März, aber da war „Der Stand der Dinge im März“ gerade schon verschickt. Und zwar besuchte KO e.V. da zum ersten Mal den Bayerischen Landtag. Die Landtagsabgeordnete der Grünen, Kerstin Celina, hatte uns freundlicherweise Anhörung zum Thema Gewaltschutz in Bayern von Frauen und Mädchen: Schutz- und Unterstützungsstruktur gegen geschlechtsspezifische, sexualisierte, häusliche und digitale Gewalt evaluieren eingeladen.

Über die Istanbul-Konvention und die häufig sehr lückenhafte Umsetzung wurde während der viereinhalbstündigen Sitzung viel gesprochen. „Diese Geltung der Istanbul Konvention im internationalen wie nationale Recht setzt zudem eine Verantwortungskette in Gang: Menschenrechtliche Konventionen wie die Istanbul Konvention verpflichten den Staat zu einem aktiven Schutz der Menschenrechte,“ schreibt Susanne Nothhafft, Professorin für Recht in der Sozialen Arbeit an der Katholischen Stiftungshochschule München, die als eine der Sachverständigen an der Anhörung teilnahm, in ihrer schriftlichen Stellungnahme. (Wir haben auch in einem früheren Artikel schon mal über die Istanbul-Konvention berichtet. Falls ihr Interesse habt, könnt ihr es hier nachlesen.)

Als weitere Sachverständige war Lydia Dietrich anwesend, die Geschäftsführerin von der Frauenhilfe München, die sich wie folgt im Vorfeld dazu geäußert hatte: „Mit der Istanbul-Konvention hat sich Deutschland verpflichtet, Asyl- und Aufnahmeverfahren geschlechtssensibel zu gestalten und allen Frauen, unabhängig ihres Aufenthaltsstatus, vor jeglicher Form der Gewalt zu schützen und zu unterstützen. Das Bayerische Schutzkonzept der Unterbringungsverwaltung ist in den Grundzügen gut, aber in der Realität weitestgehend nicht umgesetzt.“

Dies bestätigt auch der rund 56-seitige Schattenbericht von PRO ASYL, den Flüchtlingsräten Bayern, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie der Universität Göttingen: „Deutschland schützt geflüchtete Frauen und Mädchen nicht ausreichend und wird den Vorgaben der Istanbul-Konvention somit nicht gerecht. Es wird sichtbar, dass das Asyl- und Aufenthaltsrecht an vielen Stellen in einem eklatanten Widerspruch zum Gewaltschutz steht. Es besteht umfangreicher Handlungsbedarf.“

Handlungsbedarf besteht auch beim Thema Gewaltschutzambulanzen. Im Flächenland Bayern gibt es nur eine einzige; im Vergleich dazu gibt es in Baden-Württemberg vier Gewaltschutzambulanzen. Hinzu kommt noch, dass die einzige Gewaltschutzambulanz in Bayern, die Rechtsmedizin in München, ausschließlich für Betroffene von häuslicher Gewalt zuständig ist, aber nicht für Betroffene von sexualisierter Gewalt. Dies ist natürlich nicht hinnehmbar und deshalb haben wir uns diesbezüglich an Referentinnen der Landtagsfraktionen der Grünen und der FDP-Fraktion gewandt, die uns zugesagt haben, dieses wichtige Thema in Angriff zu nehmen. Wir halten euch auf dem Laufenden!