#NichtMitUnsFocus
CW: Sexualisierte Gewalt
Grund zur Aufregung gab es diesen und auch schon letzten Monat wahrlich genug und gesorgt hat dafür ein Artikel bei FOCUS Online. Darin werden nämlich Vergewaltigungsmythen reproduziert, Falschinformationen zu Falschbeschuldigen verbreitet und Betroffene von sexualisierter Gewalt verhöhnt: Es wird von der #metoo-Bewegung als „Modebewegung“ gesprochen. Und zur Krönung steht über diesem Abgrund an journalistischer Leistung auch noch: „Sexuelle Gewalt erklärt“!
Es kommen in dem Artikel zwei Anwälte zu Wort. Herr Stevens nutzt natürlich mal wieder die Gunst der Stunde, um falsche Fakten zu verbreiten, und spricht davon, dass schätzungsweise die Hälfte der Beschuldigten zu Unrecht beschuldigt wird. Auf unserer Website findet ihr einen ausführlichen Artikel zum Thema Falschbeschuldigungen und Stevens‘ Märchen.
Anwalt Nummer Zwei, ein Herr namens Bender, wird mit folgendem Statement zitiert: „Aus der Kultur des Schweigens ist eine Kultur der Offenheit geworden. Die Gefahr liegt auf der Hand, dass aus dem Reden eine Modebewegung wird. Denn Opfer erfahren eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz, sie werden ernst genommen und erhalten viel Zuwendung, die sie sonst vielleicht nicht bekommen. Das kann ein Einfalltor sein für Menschen, die psychische Probleme haben. Es ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr, dass zu Unrecht Anzeigen erhoben werden.“ So eine Aussage tritt alle Betroffenen von sexualisierter Gewalt, die tagtäglich mit Victim-Blaming, Scham, Vorwürfen und teilweise sogar Beleidigungen, Drohungen und Hass konfrontiert sind, mit Füßen. Es ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die jeden Tag dafür kämpfen, dass sich in unserem Land etwas ändert und diese Hölle für Betroffene endlich ein Ende findet.
So etwas darf nicht einfach so stehen bleiben! Gemeinsam mit den beiden Aktivist*innen und Gründer*innen der Initiative seidLAUT, Bianca Gröbner und Vereinsmitglied Jorinde Wiese, haben wir beschlossen, dagegen zu kämpfen! Zuerst haben wir eine offenen Brief geschrieben, der dann von einem oder mehreren Luke Mockridge-Supportern gehackt wurde. Dabei wurden alle Unterschriften gelöscht und folgende Sätze hinterlassen: „Had to delete this shit cuz you dumb ass lyin hoes be trippin‘. None of y’all got raped. The Empire strikes back. Sincerely, Luke Cockridge666“ (Deutsch: Mussten diesen Scheiß löschen, weil ihr dummen, lügenden Nutten auf nem Trip seid. Keine von euch wurde vergewaltigt. Das Imperium schlägt zurück.) – so viel zu der hohen gesellschaftlichen Akzeptanz.
Daraufhin haben wir eine Petition gestartet, die aber leider noch nicht so groß geworden ist, aber wir bleiben dran. Versprochen! Außerdem haben wir gemeinsam mit den Anwältinnen der Kanzlei DUNKEL RICHTER eine Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht. Die Details dazu könnt ihr in unserem Petitionsupdate nachlesen.
Anfang September kontaktierte uns eine Werkstudentin von FOCUS Online, die uns ihre Solidarität aussprach und mehrmals betonte, dass sie selbst schockiert sei und gemeinsam mit uns den Text ändern oder neu machen möchte. Wir erklärten uns bereit, ihre Fragen per E-Mail zu beantworten unter der Bedingung, dass es sich nicht um eine Überarbeitung, sondern um eine Richtigstellung handelt. Bis heute haben wir weder von ihr noch der Autorin des Artikels oder einer anderen Person der FOCUS-Redaktion jemals wieder etwas gehört.
Dafür wurde aber noch am selben Abend der Artikel geändert und u. a. durch eine Studie der Uni Tübingen ergänzt: „Eine Studie der Uni Tübingen ergab, dass Teilnehmer polizeiinterner Seminare zu Sexualdelikten auf eine Höhe von fünf bis 80 Prozent von Vortäuschungen und falschen Verdächtigungen kommen. Drei Viertel der Befragten kamen auf Werte bis 40 Prozent.“
An dieser Stelle möchten wir uns von ganzem Herzen bei Herrn Professor em. Dr. iur. Hans-Jürgen Kerner, ehemals Ordinarius für Kriminologie und Direktor des Instituts für Kriminologie der Universität Tübingen, bedanken, dass er uns bestätigt hat, dass es eine solche Studie an der Universität Tübingen nie gegeben hat und uns mit dieser Aussage auch bei der Beschwerde beim Presserat unterstützt hat. Wir halten euch natürlich auf dem Laufenden und freuen uns sehr, wenn ihr unsere Petition unterschreibt und weiterverbreitet. #NichtMitUnsFocus