Stand der Dinge im September 2021

Aktuelles aus Deutschland und der Welt

#BTW2021

Aktuell hat kaum ein Thema so viel Aufmerksamkeit bekommen wie das Ergebnis der Bundestagswahl. Auch wir haben gespannt auf die Resultate geschaut und wollten wissen, ob unser Herzensthema – die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt – aktiv von der Politik aufgegriffen wurde und wer bereit ist, dahingehend etwas zu verändern. Dazu haben wir uns die Parteiprogramme von Grüne, Linke, SPD, CDU und FDP genauer angesehen und eine kleine Zusammenfassung gemacht. Wir haben euch die Parteiprogramme verlinkt und die Seitenangabe hinter die jeweilige Partei geschrieben. Wenn ihr wollt, könnt ihr da alles in Ruhe nachlesen. Fangen wir unten an…

„Voller Schutz für Kinder und Frauen vor Gewalt und Missbrauch“ betitelt die CDU (S. 108-110) ihren Programmpunkt. Im Kapitel „Gewalt gegen Frauen rigoros ahnden“ sieht man, dass die Union die Gewaltbekämpfung von Frauen und Kinder immerhin thematisiert. Darin steht geschrieben: „Wir stehen an der Seite der Mädchen und Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, und all jenen, die davon bedroht sind. Ihrem Schutz müssen wir uns als gesamte Gesellschaft verpflichtet fühlen. […] In puncto Rechtsprechung schreiben sie: „Wir brauchen mehr Transparenz über frauenfeindliche Straftaten. Deshalb wollen wir, dass diese eigens in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst werden. Daraus müssen Lagebilder erstellt und Handlungsansätze für die Polizei abgeleitet werden.“ Dieser Punkt wird jedoch relativ kurz und oberflächlich im Vergleich zu anderen Programmpunkten behandelt.

Die SPD (S. 42-45) nimmt sich deutlich mehr Raum für das Thema sexualisierte Gewalt als die CDU und geht auf das Thema unter der Überschrift „Gleichstellung verwirklichen“ ein: „Um Gewalt gegen Frauen wirksam zu bekämpfen, werden wir die rechtlichen Grundlagen für eine wirksame Strafverfolgung und die Zusammenarbeit aller Verantwortlichen in staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen verbessern.“ Sie möchten sich dabei an der Istanbul-Konvention orientieren und mehr Frauenhäuser errichten. „Für von Gewalt betroffene Frauen führen wir einen Rechtsanspruch auf Beratung und Schutz ein. Wir werden Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Femizide einrichten […] und setzen uns gesellschaftlich dafür ein, dass Femizide auch als solche benannt werden und nicht als ,Verbrechen aus Leidenschaft‘ oder ,Familientragödie‘.“

Die FDP (S. 40-41) will unter dem Kapitel „Häusliche Gewalt effektiv bekämpfen“, dass die Istanbul-Konvention „schnell, umfassend und wirksam umgesetzt wird“. Bund und Länder müssen hier intensiver zusammenarbeiten. „Wir wollen Betroffenen anzeigeunabhängig, kostenlos und anonym die Spurensicherung bei sexueller oder sexualisierter Gewalt ermöglichen. Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bei Polizei und Justiz müssen nach gemeinsamen Standards aus- und weitergebildet werden.“

Die Grünen (S. 188-193) widmen sich dem Thema „Geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen“ mit einem eigenen Kapitel. Sie sehen Gewalt gegen Frauen als ein strukturelles Problem in der Gesellschaft, „das sowohl in der medialen Darstellung als auch in der Rechtsprechung oft verharmlost wird“. Sie setzen sich für mehr „Aufklärungsarbeit und spezifische Gewaltpräventionsprogramme“ ein und möchten eine differenzierte Kriminalstatistik zu Femiziden. „Zur Verbesserung des Schutzes vor geschlechterspezifischer Gewalt muss das Gewaltschutzgesetz evaluiert und novelliert werden […] Polizei und Justiz müssen im Umgang mit Betroffenen sexualisierter Gewalt umfassend geschult und sensibilisiert sein. […]“. Gerade diesen letzten Punkt unter dem Oberthema Feminismus begrüßen wir als Verein natürlich sehr.

Bei der Linken (S. 101-109) nimmt das Thema Feminismus mit Abstand den größten Raum ein. Im Kapitel „Gewalt an Frauen beenden“ steht konkret: „Die Istanbul-Konvention […] muss konsequent und vollständig umgesetzt werden. […] Staatliche Behörden wie Polizei, Gerichte und Ämter sowie medizinisches Personal müssen für geschlechtsspezifische Gewalt – auch in digitaler Form – sensibilisiert werden. Es müssen explizit alternative (Erst-)Anlaufstellen zur Polizei in Form von Nichtregierungsorganisationen geschaffen und finanziert werden, an die sich Betroffene wenden können.“ Auch die Forderungen der Linken lassen uns zaghaft auf eine bessere Zukunft hoffen. Danke dafür!

Unser Fazit: Es überrascht nicht, dass die einzigen beiden Parteien im Bundestag, deren Frauenanteil bei über 50 Prozent liegt – nämlich Grüne und Linke –, das mit Abstand beste, am meisten realitätsnahe und präziseste Programm in Bezug auf die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt und den Schutz von Frauen und Kindern vorweisen können. Insgesamt behandeln Linke, Grüne und FDP das Thema gerade im Hinblick auf Gesetzesänderung und Prävention deutlich konkreter. CDU und SPD erwähnen diese Themen zumindest kurz, wobei sich die SPD etwas ausführlicher der Gewalt gegenüber Frauen und Kindern widmet. Die CDU möchte immerhin in Bezug auf Kinder Gewaltprävention zur Priorität machen. Immerhin!