Stand der Dinge im November 2022

Der Aufreger des Monats

#WMBoykott

von Paula Kecht

Heimlich Fußball schauen? Bis vor ein paar Jahren klang dieser Satz wie aus einer Dystopie – heute verwundert er niemanden mehr. Ja, die Weltmeisterschaft 2022 in Katar… Schön langsam kann das Thema keiner mehr hören. Überall wird diskutiert: im Netz, im privaten Umfeld, selbst im Supermarkt an der Kasse hört man die Menschen drüber reden. Jedoch sollten wir, auch wenn uns das Thema bereits zu den Ohren raushängt, nicht aufhören, darüber zu reden, zu berichten und uns zu informieren. Viele stellen sich die Frage, ob es moralisch vertretbar ist, die WM anzuschauen. Die Einschaltquoten sprechen für sich: Das erste Spiel, bei dem über 10 Mio. Menschen einschalteten, war das Spiel Deutschland-Spanien, welches jedoch nicht das erste Spiel Deutschlands war. Beim Auftaktspiel der Deutschen gegen Japan schalteten gerade einmal 9,5 Mio. Menschen ein. Eine Quote so niedrig wie sonst selten in der Geschichte des Fußballs. Quelle

Doch wie geht es eigentlich den Frauen in dem sonst so reichen Land? Während des ersten Lockdowns der Covid-19 Pandemie im Juni 2020 verglich eine Frau aus Katar ihr Leben mit dem von uns allen zu der Zeit, nur dass für sie alle das leider der Dauerzustand ist. ,,For girls – you are [constantly] in quarantine. What the whole world experiences now, this is the normal life for girls [in Qatar]. I wanted to study abroad but it was a no from my parents, even though I had a scholarship.’’ [dt: Mädchen sind [immer] in Quarantäne. Was die ganze Welt jetzt erlebt, ist das normale Leben für Mädchen [in Katar]. Ich wollte im Ausland studieren, aber meine Eltern haben es nicht erlaubt, obwohl ich ein Stipendium hatte.] Quelle

Den Frauen dort fehlt vor allem eines: Selbstbestimmung. So beschreibt auch die heute 21-jährige Noof Al Maadeed ihren Alltag. Sie war froh, die Schule besuchen zu dürfen, jedoch außer dem Weg zur Schule und zurück konnte sie sich Zeit ihres Lebens nicht frei bewegen. Frauen in Katar benötigen für die meisten Entscheidungen in ihrem Leben die Zustimmung ihres Ehemannes und, bevor sie verheiratet sind, die von ihrem männlichen Vormund (meist der Vater). Jede Form des außerehelichen Geschlechtsverkehrs wird unter Strafe gestellt, ebenso müssen Frauen sich rechtfertigen, wenn sie den Sex mit dem Ehemann verweigern, da dies ihre gesetzliche Pflicht als Ehefrau ist. Quelle   

Um Zugang zu bestimmten Formen der Gesundheitsvorsorge zu erlangen, müssen sie ebenfalls ihre Heiratsurkunde vorlegen. All das klingt für uns unvorstellbar, und nichtsdestotrotz wird in diesem Land ein solch großes Event wie eine Fußballweltmeisterschaft ausgetragen.

In ihrem Artikel „Katar: Rechtsverletzungen werfen kein gutes Licht auf die FIFA-Weltmeisterschaft“ berichtet die NGO Human Right Watch Folgendes: „Der Oberste Rat für Organisation und Vermächtnis (Supreme Committee for Delivery & Legacy, SC) kündigte am 7. November an, dass er Unterkünfte und Kliniken für psychologische, medizinische, forensische und rechtliche Unterstützung für Menschen bereitstellen werde, die während der Weltmeisterschaft Opfer von Missbrauch wurden. Am 9. November teilte die FIFA Human Rights Watch Folgendes mit: ,Die FIFA ist zuversichtlich, dass Frauen uneingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung haben werden, einschließlich jeglicher Versorgung im Zusammenhang mit einer möglichen Schwangerschaft, unabhängig von den Umständen und ohne dass Fragen zum Familienstand gestellt werden.’’’

Wahnsinn! Im Endeffekt beschreibt das den dort herrschenden Zustand sehr gut und wir hoffen, dass vielleicht all die nun generierte Aufmerksamkeit wenigstens eine kleinen Teil dazu beiträgt, dass sich all dieser Irrsinn irgendwann ändert!