Stand der Dinge im Juli 2021

Der Aufreger des Monats

#bikinigate

Diesmal hat es ein ganz besonderer Protest in unseren Aufreger des Monats geschafft. Eigentlich hätte es während der Beachhandball-EM am 18. Juli um die Bronzemedaille gehen sollen, geendet hat das Spiel aber mit einem medialen Shitstorm und der traurigen Erkenntnis, wie stark Sexismus und sexualisierte Gewalt in unserer Gesellschaft ausgeprägt sind.

Gespielt wurde im bulgarischen Warna um den dritten Platz zwischen den beiden Frauenmannschaften aus Norwegen und Spanien. Die Spielerinnen der norwegischen Nationalmannschaft sind ganz bewusst in Shorts auf dem Spielfeld aufgelaufen, obwohl diese von der europäischen Handballföderation (EHF) verboten sind. Bereits im Vorfeld der EM gab das Thema Anlass zur Debatte. Viele Spielerinnen empfinden die vorgeschriebenen Bikinis nämlich als unpraktisch oder sogar als erniedrigend. Der norwegische Verband hatte vor dem Turnier die EHF deshalb gebeten, in kurzen Hosen spielen zu dürfen. Dies wurde von der EHF abgelehnt, die sich dabei auf die Internationale Handballföderation berief, welche für Frauen Bikini- Höschen mit einer maximalen Seitenbreite von zehn Zentimetern als Sportoutfit vorsieht. Für die Männer gilt im Übrigen eine Hosenlänge, die zehn Zentimeter über dem Knie endet. Nun droht der norwegischen Frauenmannschaft eine Geldstrafe von 1500 Euro wegen „unangemessener Bekleidung“.

Dies zeigt uns leider, dass Objektifizierung, Sexismus und sexualisierte Gewalt gegenüber Frauen auch im Sport sehr präsent sind. Das ist jedoch kein Geheimnis. Bei den Olympischen Spielen gaben in einer Umfrage des SWR 36 Prozent der Teilnehmerinnen an, schon einmal Sexismus im Sport erlebt zu haben. Wir erinnern uns auch an mehrere öffentlich bekannt gewordene Missbrauchsfälle erfolgreicher Sportlerinnen, die durch Trainer oder Ärzte stattgefunden haben. Zu diesem Thema können wir die Netflix-Doku „Athletin A“ sehr empfehlen.

Die ganze Geschichte zeigt nur noch einmal deutlich, wie tief das Machtgefälle zwischen Frau und Mann in unseren patriarchalen Strukturen verankert ist. Frauen müssen um ihren Platz in der Gesellschaft fürchten, wenn sie laut sind und die Autonomie über ihren eigenen Körper einfordern. Gerade Frauen werden im Gegensatz zu Männern objektifiziert und um ihr Selbstbestimmungsrecht betrogen. Ihr Wohlergehen wird fragwürdigen Gesetzen und Regeln untergeordnet und steht nicht an erster Stelle.

Mittlerweile hat sich Popstar Pink auf Twitter dafür ausgesprochen, die Strafe liebend gern komplett zu übernehmen. „Die Europäische Handball-Föderation sollte Strafe wegen Sexismus zahlen müssen“, so die Sängerin. Auch soll die Regelung nach aktuellem Stand neu überdacht werden. Wir sagen dazu: „Das ist auch wirklich dringend nötig!“

Text: Isaleni Leoni