Stand der Dinge im Januar 2022

Der Aufreger des Monats

#AbtreibungsverbotTötet

Seit einem Jahr ist das neue, absolut restriktive Abtreibungsgesetz in Polen in Kraft und bereits die zweite schwangere Frau hat deshalb ihr Leben verloren. Am 25. Januar verstarb die 37-jährige Agnieszka T., die mit Zwillingen schwanger war, weil die Ärzt*innen ihr unter Berufung auf das geltende Abtreibungsgesetz eine Operation verweigerten, obwohl der eine Fötus bereits verstorben war. Und auch als der zweite Fötus im Mutterleib gestorben war, wurde zwei Tage lang nichts unternommen.

Zu Recht wirft die Familie der Toten der Regierung vor, „Blut an ihren Händen“ zu haben. Vor allem angesichts dessen, dass bereits letzten September die 30-jährige Izabela gestorben ist, weil auch da die Arzt*innen sich aufgrund von juristischen Gründen geweigerten hatten, zu handeln, und abwarteten, bis der Fötus im Mutterleib von selbst abstirbt.

Viele Pol*innen gingen deshalb auf die Straße und protestierten gegen dieses unmenschliche Gesetz. Es ist längst erwiesen, dass ein Abtreibungsverbot nicht zu weniger Abtreibungen führt, sondern nur – wie durch diese Fälle traurigerweise eindeutig belegt wird – dazu führt, dass die Gesundheit und das Leben von Schwangeren gefährdet wird. Polen hat europaweit das strengste Abtreibungsgesetz. Laut TAZ kündigte die Regierung im Dezember 2021 überdies an, Schwangerschaften in einem Zentralregister erfassen zu wollen, auf das auch die Staatsanwaltschaft sowie die Geheimdienste Zugriff haben sollen. Frauenrechtsgruppen sehen darin einen weiteren Versuch der Regierung auf dem Weg hin zu einer totalen Kon­trolle der Geburtenpolitik.

Doch auch in Deutschland sind Abtreibungen laut § 218 verboten. Auch wenn sie unter gewissen Bedingungen straffrei durchführbar sind – sie bleiben illegal. Seit 150 Jahren gibt es diesen Paragraphen, der Schwangerschaftsabbrüche kriminalisiert. In einer Petition mit über 100.000 Unterschriften, die sich für ein Recht auf Abtreibung und eine vollkommene Straffreiheit einsetzt, heißt es: „Menschen, die ihr Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung wahrnehmen möchten, sehen sich Hürden, Schikanen und traumatisierenden Erlebnissen ausgesetzt. Schwangerschaftsabbruch unterliegt einem besonderen gesellschaftlichen Tabu und ist im Strafgesetzbuch neben Mord und Totschlag aufgeführt. Im Medizinstudium wird die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs nicht gelehrt und immer weniger Ärzt*innen nehmen Abtreibungen vor. Wir stehen vor einer unzureichenden medizinischen Versorgung.“

Es ist erschütternd, dass in einem Land wie Deutschland solche Zustände vorherrschen. Und es ist schockierend, dass in unserem Nachbarland Frauen aufgrund einer konservativen, national-populistischen Politik ihr Leben verlieren. Unsere Gedanken sind bei der Familie und den Freund*innen der verstorben Frauen.