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Auf ein Wort mit Nina Fuchs

#falschbeschuldigungen

Erst kürzlich hat der durch Medien und TV bekannte Anwalt Alexander Stevens, der in Deutschlands bekanntestem #metoo-Fall Jany Tempel vertritt, wieder einmal in einem seiner Videos mit absolut haltlosen Behauptungen zum Thema Falschbeschuldigen um sich geworfen. Von angeblich tausend Gründen und bis zu 50 Prozent der Fälle sprach er da.

Leider ist er da nicht der einzige. Es gibt wohl wenige Mythen, die sich so hartnäckig halten, wie der Mythos der Falschbeschuldigungen. Als ich damals die Vergewaltigung angezeigt habe, hat mir die Polizei nicht geglaubt, was mich dazu bewogen hat, mich näher mit dem Thema Falschbeschuldigungen auseinanderzusetzen. Die einzige Quelle, die mir jemals von vermeintlichen Experten (ich meine hier explizit männliche Experten) genannt wurde, ist eine „Studie“ der Bayerischen Polizei aus dem Jahr 2005, bei der 70 Beamt*innen nach ihrer persönlichen Meinung gefragt wurden. Das Ergebnis ergab einen Schwankungsbereich von 3 bis 80 Prozent. Eine der Autor*innen kommt im abschließenden Kapitel zu folgendem Schluss: „Ob diese Wahrnehmung der Beamten der Realität entspricht oder nicht, kann nicht beurteilt werden, da es an Untersuchungen und empirisch gesichertem Wissen fehlt. (Das ist nichts Neues: Nur ganz ausnahmsweise konnten die Zweifel von Polizei und Justiz an der Glaubwürdigkeit der Opfer, die sich wie ein roter Faden durch den Umgang der Strafverfolgungsinstanzen mit diesen Opfern – und der Kritik an ihm – ziehen, durch empirische Befunde bestätigt oder widerlegt werden).“

Würde man das hohe Dunkelfeld im Bereich sexualisierte Gewalt mit einbeziehen, würden die Falschbeschuldigungen bei den höheren Fallzahlen nämlich in den Bereich unter einem Prozent zusammenschrumpfen. Das Fatale an der ganzen Geschichte ist, dass der Mythos von den angeblich so zahlreichen Falschbeschuldigen, und zwar besonders dann, wenn er von Expert*innen bestätigt und weiterverbreitet wird, den Nährboden dafür bereitet, dass Opfern, wie mir und so vielen anderen, nicht geglaubt wird – und zwar nicht nur von Polizei und Justiz, sondern auch von der Gesellschaft, vom eigenen sozialen Umfeld oder sogar von der eigenen Familie. Es wäre sehr wünschenswert, wenn Expert*innen in Zukunft ihre Reichweite nutzen und die Reproduktion von Vergewaltigungsmythen unterbinden.

Übrigens ist es für einen Mann tatsächlich deutlich wahrscheinlicher, selbst Opfer von sexualisierter Gewalt zu werden, als fälschlicherweise der Vergewaltigung bezichtigt zu werden. Mehr dazu auf unserer Website! Dort findest du den vollständigen Text zum Thema Falschbeschuldigungen sowie alle Quellenangaben und Zitate aus der Studie. Einfach ein klein bisschen nach unten scrollen…