#Trauma
Hi, ich bin Mai Nguyen, Aktivistin, Coach und Mentorin für Survivor Queens. Ich begleite Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben auf ihrem ganz persönlichen Weg der Heilung.
Ein wichtiger Baustein ist für mich die Aufklärungsarbeit zum Thema Trauma. In den letzten Jahren ist das Wort Trauma immer mehr in der Mitte der Gesellschaft angekommen, was ich super gut finde. Gleichzeitig herrscht da auch viel Verwirrung, Unklarheit, daher mag ich dich auf eine kleine Exploration des Wortes mitnehmen.
- Was ist eigentlich ein Trauma?
- Bin ich automatisch traumatisiert, wenn ich etwas Schlimmes erlebt habe?
Ganz grundsätzlich kommt das Wort „Trauma“ aus dem Griechischen und bedeutet einfach erstmal „Wunde“. Also jemand, der*die ein Trauma hat, hat eine (in diesem Kontext) psychische Wunde. Nun ist es aber im Deutschen so, dass wir da etwas ungenau in unserer Wortwahl sind, denn wir bezeichnen sowohl das zugrunde liegende Ereignis als auch den Zustand danach als Trauma. Also wenn wir etwas präziser werden mit unserer Sprache, wird es einfacher Trauma zu verstehen.
Wir haben also auf der einen Seite das traumatische Ereignis und auf der anderen die Traumatisierung als potentielle Folge dessen. Ob jemand traumatisiert ist („ein Trauma hat“) ist höchst individuell. Was für den*die eine*n nur eine unangenehme Situation war, kann für jemand anderen höchst traumatisierend sein.
Aktuelle Zahlen gehen davon aus, dass ca. 60 % aller Menschen, die Missbrauch und Vergewaltigung erleben, danach an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erkranken. Nicht das Ereignis selbst ist maßgeblich für die Traumatisierung, auch wenn es den Anstoß dazu gibt, sondern die (Un-)Möglichkeit zur Verarbeitung des Ereignisses durch das Nervensystem. Wenn ein Ereignis einen Menschen mit solch einer Wucht trifft, sodass alle Überlebensstrategien ausgeschöpft sind und nur noch die Erstarrung übrig bleibt, die die Chance einer Traumatisierung sehr hoch.
Zum „Problem“ wird die Erstarrung, wenn nach der Erstarrung keine Möglichkeit zur Abreaktion/Entladung besteht. Also wenn das Nervensystem nicht versteht, dass die Gefahr vorüber ist und die Stresshormone (Adrenalin, Nordadrenalin & Kortisol) wieder abbauen kann. Wenn der Körper in diesem Dauerstress bleibt, sprechen wir von traumatischem Stress bzw. einer Traumatisierung.
Ganz wichtig: Ein Trauma zu haben ist keine Schwäche, kein Problem, keine „Krankheit“. Es ist eine ganz normale Reaktion des Nervensystems auf ein enormes, unnormales Ereignis. Wenn du dich gerade in dem Beschriebenem wiederfindest: Hol dir Hilfe. Psychotherapie ist immer ein guter Anfang, auch wenn die Suche nach einem (geeigneten) Platz etwas dauern kann. Traumasensitives Coaching kann eine gute Brücke bis zum Therapiebeginn schlagen oder auch die Therapie selbst ergänzen. Eigne dir Wissen an z. B. über Bücher, Instagram-Accounts oder Podcasts. Nutze die Kraft der Ko-Regulation und verbinde dich mit anderen Betroffenen z. B. über Selbsthilfegruppen, Instagram, traumasensitive Retreats. Das Gefühl nicht alleine zu sein, ist für viele unglaublich heilsam!
Und damit hoffe ich, dass ich dir den einen oder anderen Aha-Moment schenken konnte. Ich wünsche dir von Herzen alles Liebe und viele Freude und Neugierde auf deinem ganz persönlichen Weg der Heilung!
Ans. d. Red.: Schaut gerne mal auf der Website und dem Insta-Account von Mai vorbei!