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Was ich anhatte …

Was ich anhatte …

Infos, Tipps und Fakten aus der Führung

  1. Victim-Blaming
  2. Zahlen und Fakten zu sexualisierter Gewalt
  3. Sexismus und sexualisierte Gewalt – Was ist der Unterschied?
  4. Vergewaltigungsmythen
  5. K.-o.-Tropfen
  6. Anlaufstellen in München

1. Victim-Blaming

Victim-Blaming, auf Deutsch auch als Täter-Opfer-Umkehr bezeichnet, beschreibt die Tendenz, die Schuld oder Verantwortung für sexualisierte Gewalt auf die betroffene Person abzuwälzen, anstatt auf Täter*innen. Es beruht auf der Annahme, dass das Verhalten, die Kleidung oder die Entscheidungen der Betroffenen die Tat provoziert oder begünstigt haben könnten. Dies kann in direkter oder subtiler Form erfolgen und führt häufig dazu, dass Betroffene sich schämen, Vorwürfe internalisieren oder davor zurückschrecken, die Tat zu melden. Beispiele für Victim-Blaming sind Aussagen wie: „Warum warst du so spät noch allein unterwegs?“, „Wie viel hattest du denn getrunken?“ oder „Was hattest du an?“. Und im Kontext von K.-o.-Tropfen: „Warum hast du nicht besser auf dein Glas aufgepasst?„. Deshalb geben wir den Ratschlag „Pass auf dein Glas auf!“ nicht, da es die Verantwortung für die Tat auf die Betroffenen abwälzt, anstatt das kriminelle Verhalten der Täter*innen in den Fokus zu rücken, und Betroffenen fälschlicherweise das Gefühl vermittelt, sie hätten es selbst in der Hand, ob sie vergiftet oder vergewaltigt werden.

Außerdem lenken solche Reaktionen nicht nur von der eigentlichen Täterschaft ab, sondern verstärken bestehende Stereotype und stigmatisieren die Betroffenen zusätzlich. Dieser Mechanismus trägt maßgeblich dazu bei, dass es in Fällen sexualisierter Gewalt ein besonders hohes Dunkelfeld gibt: Schätzungen zufolge werden 85-90 % der Taten nicht gemeldet, da Betroffene Angst vor Schuldzuweisungen und mangelnder Unterstützung haben.

Sexualisierte Gewalt ist Ausdruck von Macht und Kontrolle. Die Täter*innen nutzen ihre Machtposition, um die Opfer zu dominieren, zu erniedrigen und ihre Macht zu festigen. Diese Dynamik zeigt sich in persönlichen Beziehungen sowie in beruflichen und gesellschaftlichen Kontexten, wo Machtgefälle existieren.

2. Zahlen und Fakten zu sexualisierter Gewalt

  • Anzahl der Betroffenen: Einer Studie des BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) aus dem Jahr 2004 zufolge haben 35 % der Frauen in Deutschland ab ihrem 15. Lebensjahr mindestens einmal körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt. Laut einer EU-Studie von 2014 wird jede dritte Frau in Europa im Erwachsenenalter Opfer von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt. Außerdem werden auch Männer und Kinder Opfer und marginalisierte Personengruppen (z. B. behinderte Menschen und trans oder non-binäre Menschen) sind überproportional betroffen. Das bedeutet, dass jede*r von uns rein statistisch gesehen mehrere Personen im eigenen Umfeld hat, die Opfer von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt wurden oder dieser immer noch ausgesetzt sind!
  • Anzeigeverhalten: Viele Fälle von sexualisierter Gewalt werden nicht angezeigt, da die Betroffenen oft Angst vor Schuldzuweisungen und Stigmatisierung haben. Das Dunkelfeld liegt bei 85-90 % (s. Victim-Blaming).
  • Rechtliche Situation: Obwohl es Fortschritte gibt (s. Sexualstrafrechtsreform 2016: „Nein heißt nein“), stehen Betroffene von sexualisierter Gewalt oft vor großen Hürden, wenn sie rechtliche Schritte unternehmen wollen. 85 % der angezeigten Fälle werden eingestellt und nur 7,5 % aller angezeigten Täter*innen verurteilt.

Wenn man all diese Faktoren mit einbezieht, kommt es in Deutschland bei 100 Vergewaltigungen nur zu etwa einer einzigen Verurteilung.

3. Sexismus und sexualisierte Gewalt – Was ist der Unterschied?

Sexualisierte Gewalt: Jede Form von Gewalt, bei der sexuelle Handlungen als Machtinstrument missbraucht werden und die gegen den Willen der betroffenen Person erfolgt. Sexualisierte Gewalt umfasst ein breites Spektrum an Handlungen, die von verbalen Belästigungen und unerwünschten Berührungen bis hin zu schwerwiegenden Übergriffen wie sexueller Nötigung und Vergewaltigung reichen. Dieses Spektrum zeigt, dass sexualisierte Gewalt in vielen Formen auftreten kann, nicht immer körperlich sein muss und sowohl im öffentlichen als auch im privaten Raum stattfinden kann. Wichtig ist zu betonen, dass die Deutungshoheit darüber, was als sexualisierte Gewalt empfunden wird, ausschließlich bei der betroffenen Person liegt. Wenn sich eine Person durch sexuelle Handlungen/sexistisches Verhalten einer anderen Person nicht mehr sicher und unwohl fühlt oder Angst hat, dann sprechen wir von sexualisierter Gewalt.

Sexismus: Sexismus beschreibt die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts. Sexismus kann sich gegen alle Geschlechter richten, überproportional betroffen sind jedoch Mädchen und Frauen sowie Personen, die sich nicht heteronormativen, zweigeschlechtlichen Vorstellungen von Geschlecht zuordnen lassen.

Fazit: Sexismus legt durch das patriarchal geprägte gesellschaftliche Klima und die Machtstrukturen den Grundstein für sexualisierte Gewalt, indem er Geschlechterungleichheiten verstärkt und Verhaltensweisen normalisiert, die Gewalt gegen Frauen und marginalisierte Gruppen ermöglichen und erleichtern.

Grafik © Mithushana Kunaratnam & Anna-Béatrice Schmaltz, cfd


4. Vergewaltigungsmythen

Vergewaltigungsmythen sind weit verbreitete, falsche Überzeugungen, die dazu beitragen, sexualisierte Gewalt zu verharmlosen oder die Schuld auf die Opfer zu verschieben.

Beispiele:

  • Vergewaltigung = Joggerin im Park/Frau im Parkhaus: Der Mythos, dass Frauen, die (nachts) allein joggen gehen oder im Parkhaus sind, ein erhöhtes Risiko für Vergewaltigungen tragen. Die Realität ist, dass die meisten Vergewaltigungen durch bekannte Personen im sozialen Umfeld stattfinden (mehr als 70 %).
  • Täter sind Monster oder Psychopathen: Der Glaube, dass Täter von sexualisierter Gewalt „Monster“ oder „Psychopathen“ sind, die sich deutlich von „normalen“ Menschen unterscheiden. In Wahrheit stammen viele Täter aus dem sozialen Umfeld der Opfer, sind oft gut integriert und fallen im Alltag nicht durch abweichendes Verhalten auf.
  • Muslimisch gelesene Flüchtlinge sind besonders häufig Täter: Dieser rassistische Mythos ignoriert, dass die meisten Täter aus dem Umfeld der Opfer stammen, unabhängig von Herkunft oder Religion, und fördert unnötige Fremdenfeindlichkeit.
  • Zahlreiche Falschbeschuldigungen: Der Glaube, dass unfassbar viele Frauen fälschlicherweise Vergewaltigungen anzeigen. Tatsächlich sind Falschbeschuldigungen selten und machen nur einen Bruchteil der angezeigten Fälle aus. Tatsächlich ist für einen Mann das Risiko höher, selbst Opfer von sexualisierter Gewalt zu werden, als zu Unrecht einer Vergewaltigung beschuldigt zu werden.
  • Trauma-Symptome als Lügen interpretiert: „Warum hat sie nicht sofort angezeigt?“ Traumatisierte Personen brauchen oft Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten, was eine Verzögerung bei der Anzeige erklärt. Dies ist nur ein Beispiel von vielen. Dass Menschen, die im Rahmen ihrer Arbeit mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt in Kontakt kommen, zum Thema Trauma geschult sind, ist essenziell, um einerseits ihre Arbeit kompetent machen zu können und andererseits Betroffenen nicht zusätzlich zu schaden und Retraumatisierungen oder sekundäre Viktimisierungen zu vermeiden.
  • „Das Opfer ist selbst schuld“: Ein weit verbreiteter Mythos ist, dass das Opfer durch sein Verhalten, seine Kleidung oder seine Entscheidungen die Tat mit verursacht hat. Aussagen wie „Was hattest du an?“, „Warum hast du nicht nein gesagt?“ oder „Du hast es doch genossen!“ verschieben die Schuld von den Täter*innen auf die Betroffenen (s. Victim-Blaming). Dieser Mythos ignoriert die Realität von Machtmissbrauch und Traumareaktionen und führt zu zusätzlicher Scham und Stigmatisierung der Opfer.
  • Körperliche Reaktionen bedeuten Zustimmung: Der Mythos, dass eine körperliche Reaktion wie eine Erektion, ein Orgasmus oder das Feuchtwerden bedeutet, dass das Opfer den Übergriff wollte oder genossen hat, ist besonders schädlich. Körperliche Reaktionen sind oft unwillkürlich und können auch unter Zwang oder in traumatischen Situationen auftreten. Dieser Mythos führt zu tiefem Schamgefühl bei den Betroffenen und verstärkt die falsche Annahme, dass sie irgendwie selbst schuld sind.

5. K.-o.-Tropfen

Was sind K.-o.-Tropfen?

• Sammelbegriff für bis zu 100 unterschiedliche Substanzen (z. B. GHB = „Liquid Ecstasy“, Narkosemittel, Alkohol etc.)
• Sie werden in Getränke gemischt oder per Spritzen verabreicht (für Anschlussstraftaten wie Vergewaltigungen oder Raubüberfälle)
• Sie sind geruchlos, farblos und geschmacklos

3 wichtige Infos zu K.-o.-Tropfen:

  1. Die bittere Realität ist: Man kann sich nicht vor K.-o.-Tropfen schützen!
  2. Risikominimierung:
    • Gut informiert sein
    • Gegenseitig aufeinander aufpassen
    • Niemanden alleine auf der Party oder im Club zurücklassen
    • Keine Getränke von unbekannten Leuten annehmen
    • Getränk nicht unbeaufsichtigt stehen lassen
  3. K.-o.-Tropfen sind teilweise nur bis zu 6 Stunden im Blut nachweisbar und deshalb gilt: Im Notfall schnell handeln!

6. Anlaufstellen in München

Vertrauliche Spurensicherung und Akutversorgung nach Vergewaltigung

LMU-Frauenklinik in der Ziemssenstr. 1
Mo-Fr: 8:00-16:00 Uhr Tel: 089 4400 34611

Zentrale Notaufnahme in der Ziemssenstr. 5
nach 16 Uhr/WE/Feiertage Tel: 089 4400 31100

Dort könnt ihr eine vertrauliche, kostenfreie Spurensicherung durchführen lassen (Blut, Urin, gynäkologische Untersuchung) und danach ganz in Ruhe entscheiden, ob ihr Anzeige erstatten wollt oder nicht. Mehr Infos dazu findet ihr beim Frauennotruf München.

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen

Telefon: 0800 116016 E-Mail: https://www.hilfetelefon.de/kontakt.html
Website: https://www.hilfetelefon.de

bff FRAUEN GEGEN GEWALT E.V.

Der bff ist der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland. Im bff sind rund 200 Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen zusammengeschlossen.

Finde hier Hilfe in deiner Nähe:
https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/hilfe-beratung.html
Website: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/

Beratungsstelle Frauennotruf München

Telefon:+49 (0)89 76 37 37 E-Mail: info@frauennotruf-muenchen.de
Website: www.frauennotruf-muenchen.de

Wildwasser München e.V.

Telefon:+49 (0)89 600 39 331 E-Mail: beratung@wildwasser-muenchen.de
Website: www.wildwasser-muenchen.de

WEISSER RING Opfer-Telefon: 116 006

Ein Hilfsangebot des WEISSEN RINGS: 7 Tage die Woche von 7 bis 22 Uhr.
Besonders hilfreich ist die Möglichkeit, kostenfreie juristische Beratung und Unterstützung durch Anwält*innen zu erhalten.
Online-Beratung: https://weisser-ring.de/hilfe-fuer-opfer/onlineberatung
Beratung vor Ort: https://weisser-ring.de/weisser-ring/standorte

IMMA e.V
Jahnstr. 38, 80469 München, Telefon: 089 260 75 31, www.imma.de (Auch Online-Beratung möglich)

„Wir unterstützen Mädchen* und junge Frauen* bis zum 27. Geburtstag mit unterschiedlichen Problemlagen und Fragestellungen, unabhängig von kulturellem Hintergrund, sexueller Orientierung, körperlichen und geistigen Fähigkeiten oder Glaubenszugehörigkeit. Bezugspersonen und pädagogische/psychosoziale Fachkräfte beraten wir zum Thema sexueller Missbrauch, häusliche Gewalt und Traumatisierung als Folge von Gewalterfahrung.“

Speziell für Jungen* & junge Männer*:

Kinderschutz München – KIBS
Landwehrstraße 34, 80336 München, www.kibs.de
Wir helfen dir – Anonym und kostenfrei: Telefon: 089 231 716 9120 oder Mail@kibs.de

„Bei KIBS, der Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle für Jungen* und junge Männer* bis 27 Jahre, die sexualisierte Gewalt und/oder häusliche Gewalt erfahren haben, erhältst du individuelle Unterstützung – ganz wie du sie dir wünschst.“

Nummer gegen Kummer

Das Kinder- und Jugendtelefon 116 111 oder 0800 111 0 333 Mo-Sa: 14:00-20:00 Uhr

WENN MAN SICH BEREITS DAZU ENTSCHLOSSEN HAT, ANZEIGE ZU ERSTATTEN:

Kommissariat 105 für Prävention und Opferschutz

Opferberatung Telefon: 089 2910 4444
Jugendtelefon: 089 2910 4461
Mo-Fr: 08:00-11:00 Uhr, Mo-Do: 13:00-15:00 Uhr oder auf den Anrufbeantworter sprechen